je suis Hollandaise

Urlaub ist Urlaub. Deshalb möchte meine Frau auch, dass wir nicht in die Niederlande fahren, sondern woanders hin. Sonst hätte ich doch nur diesen Bloggerblick. Foto hier, twittern da. Und ich hätte einen unfairen Vorsprung, was Landes- und Sprachkenntnis angeht. Da hat sie im Prinzip recht, auch wenn ich es etwas schade finde, denn gern würde ich in der Hauptsaison – wir fahren meist in der zweiten und dritten Augustwoche in den Urlaub – die Nordsee und die schönen Grachtenstädte an Maas, Wal und IJsselmeer besuchen. Doch ich gebe ihr recht, ich wäre dann nicht zu 100% im Urlaub.

Südliche Nordsee oder einfach la mer

Daher waren wir in diesem Jahr wieder in Frankreich. Genauso, wie im vergangenen Jahr, mit dem Auto und Zelt. Um doch mal ein schönes Strandfoto posten zu können, nennen ich es flugs Südliche Nordsee, wenn wir am Atlantikstrand zwischen der Île de Ré und Arcachon unser Handtuch ausbreiten. Dabei war weder die Île de Ré – zu voll – noch Arcachon – zu voll – wirklich schön. Aber so dazwischen haben wir wirklich schöne Orte entdeckt. Und an der Nordsee gibt es halt nicht diese Weinberge und daher auch nicht diesen Wein. So picknickten wir mit Blick auf die Gironde und zelteten in den historischen Gemäuern der Citadelle de Blaye.

Unterwegs auf der Landstraße läuft der Sprachkurs Französisch. Ich habe einen keinen Vorsprung gegenüber meiner Frau: Frankreichurlaube in der Jugend und in der 9. Französisch als dritte Fremdsprache.

Paraplu in Rochefort
Paraplu in Rochefort

Meine Frau hat eine hohe Auffassungsgabe für Sprachen, doch während wir mittags die Speisekarte studieren bemerke ich eine weiteren unfairen Vorteil den ich habe. Er äußert sich in Dialogen wie dem Folgenden:

„Woher weißt Du denn schon wieder, was courgette ist?“, fragt meine Frau.
„Ich weiß es einfach“, sage ich.
„Das hatten wir noch gar nicht …“
Das stimmt, aber ich weiß es, denn es ist eben so wie im Niederländischen eine Zucchini.
„Boah, das ist unfair!“
„Ist es!“, grinse ich und freue mich dennoch.

Französisch im Niederländischen – ein Schreibtisch im bureau …

Gleichzeitig bemerke ich, dass es sehr viele Französische Wörter in den Niederländischen Sprachgebrauch geschafft haben. Zum Beispiel cadeau (=Geschenk) und paraplu (=Regenschirm) und äh, ja und courgette. Hm, nicht so viele. Welche denn noch? Also mal auf Recherche gehen.

Paraplu in Harderwijk
Paraplu in Harderwijk

Da wäre noch die krant, das kommt vom französischen le courant, die Zeitung. Oder der Schreibtisch: bureau. Das bureau hat es als Büro ins Deutsche geschafft. Büro im Niederländischen heißt aber kantoor, im Französischen auch le bureau. Da schnappt sich die eine Sprache also diese, die andere Sprache jene Bedeutung des gleichen Wortes.

Brieftasche heißt portefeuille, im Deutschen ähnlich als Portemonnaie gebräuchlich. Der/dem Deutschen ist also das Geld bedeutender, Niederländer/innen eher die (Brief-)Bögen.

Das Gegenteil von portefeuille könnte failliet sein. Das niederländische Wort für pleite, failissement niederländisch für Konkurs. Im Französischen ist der Konkurs la faillite, nicht exakt gleich aber nah dran.

Französische Atlantikküste
Südliche Nordsee oder La mer …

Steuermann halt‘ Kurs

Noch zwei kulinarische Beispiele: asperge ist Spargel, die Torte taart, fast la tarte. Kinder werden früh in die crèche gebracht, sogar mit Accent. Und ganz hoheitlich: selbst der Spruch im Reichswappen ist französisch:

Je maintiendrai – Ich werde bewahren / aufrechterhalten

Das ist jetzt nicht exakt Französisch aufgenommen in den Niederländischen Sprachgebrauch, steht aber an sehr prominenter Stelle. Es war eine Zeit lang modern, sich für staatliche Angelegenheiten des Französischen zu bemühen. Auch das Vereinigte Königreich, the UK, trägt im Wappen eine französische Devise: „Honi soit, qui mal i pense.“ Übersetzt etwa: Ein Schelm, der Böses dabei denkt.

Einen schönen Blogartikel über französische Wörter im Niederländischen hat De Nederlandse Taal en ik geschrieben, natürlich auf Niederländisch.

Niederländische Exporte in die Frankophonie

Andersherum funktioniert es aber auch. Es haben zahlreiche Wörter den Weg aus dem Niederländischen in Richtung Südwesten geschafft. Dabei hat sich deren Gestalt zum Teil gewandelt, doch ist die Herkunft kaum zu leugnen. Der dronquard hat ganz sicherlich gemeinsam mit dem dronkaard gebechert. Das boulevard, das vom bolwerk kommen soll ist da etwas versteckter.

Und höchst amüsant finde ich die Geschichte des Wortes mannequin. Das hat sich vermutlich aus dem flämischen manneken entwickelt. Ein manneken, kleiner Mann oder kleine Figur, ist eine kopflose Schaufensterfigur, die für die Ausstellung von Kleidung benutzt wurde. Die französische Sprache hauchte ihm Leben ein und exportierte es zurück in viele Sprachen der Welt. Und wer hat es erfunden? Genau. Die Schweizer nicht.

Die Behauptung aber, das la biere sich vom niederländischen bier ableitet, finde ich etwas weit hergeholt. Das leitet sich ganz klar vom deutschen Bier ab. Zum Wohl, santé und proost.

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Zucchini leitet sich wiederum aus dem Italienischen ab und ist eigentlich die Pluralform von Zucchino, was wiederum die Verkleinerungsform von zucca ist. Zucchini wären demnach kleine Kürbisse. Im Deutschen hat sich die Pluralform aber auch für den Gebrauch im Singular durchgesetzt. Laut Duden ist sowohl Zucchino als auch Zucchini erlaubt, für eine der Gartenfrüchte. Gebräuchlicher indes ist Zucchini. Im Italienischen wird für den Plural von zucchino sogar eher zucchine benutzt.