Kein Sekt im Ajax-Kaffeebecher
Kein Sekt im Ajax-Kaffeebecher

Es war im Sommer 1995. Ich wohnte in der De Clercqstraat in Amsterdam West, die verlängerte Rozengracht. Ein paar Schritte und ich war im kreativ-lebendigen Stadtviertel Jordaan, zum Vondelpark war es auch nicht weit. Es war die Saison von Ajax Amsterdam. Meister der Eredivisie, in einem furiosen Endspiel in Wien schlug man AC Mailand im Championsleaguefinale. Louis van Gaal ging mit seinem legendären Kung-Fung Sprung in die Geschichtsbücher des internationalen Fußballs ein. Ich besuchte einige Spiele im alten Stadion Watergraafsmeer und gegen Feyenoord Rotterdam auch im inzwischen abgerissenen Olympiastadion von 1928. Die Amsterdam-Arena wuchs bereits am Horizont sichtbar in den Himmel von de Bijlmeer. Ich kaufte mir direkt nach der errungenen Meisterschaft einen Ajax Kaffeebecher und die CD mit vielen Liedern der Saison. „Ajax is kampioen Ajax blijvt kampioen“ (Ajax ist Meister, Ajax bleibt Meister) hieß es dort beispielsweise.

Und bleibt Ajax Meister?

Acht Mal ist Ajax seitdem wieder Meister geworden. Doch 21 Jahre später hat das ganz knapp nicht geklappt. Am letzten Spieltag der Saison 2015/16 lagen Ajax Amsterdam und die PSV Eindhoven punktgleich vorn, Ajax musste beim Tabellenvorletzten De Graafschap antreten. Einem Club aus Doetinchem, dem fernen Osten, wenn man von Amsterdam aus schaut, kurz vor der deutschen Grenze, nahe Emmerich. Diese standen bereits als 17. des Klassements fest und müssen in die Abstiegs Play-Off-Runde. Also wohl ein leichter Gegner. PSV Eindhoven trat beim Tabellensiebten PEC Zwolle an, für die es noch um die Europaleague-Plätze ging.

Der Saisonverlauf war für die rot-weißen Hauptstädter wechselhaft verlaufen. Nach einem glatten Start verloren die Schützlinge von Trainer Frank de Boer am 8. Spieltag erstmals, daheim gegen PSV Eindhoven. Ajax verteidigte dennoch bis zur Winterpause einen Vorsprung von drei Punkten. Bis zum Rückspiel büßten sie diesen allerdings wieder ein. Im März erwartete der Philips-Werksclub die Hauptstädter als Tabellenführer in Eindhoven. Doch Ajax gelang ein überzeugender 2:0 Sieg, eroberte die Tabellenspitze zurück und galt seither als erwarteter Landesmeister.

Punktgleich ins Finale

Knapp sechs Wochen später also war die Konstellation: PSV und Ajax punktgleich, das Torverhältnis sprach für Amsterdam. Erst wenn Eindhoven sieben Tore schießen würde, müsste man auf der Ajax-Bank den Rechenschieber bemühen. Zur Pause führte die PSV in Zwolle bereits mit 2:0, Ajax lag in Doetinchem seit der 16. Minute mit einem Treffer vorn. Und dann – war es zu hoher Erwartungsdruck, Unsicherheit oder im Gegenteil bereits die Siegessicherheit – in der 60. Minuten fiel der Ausgleich und Amsterdam gelang trotz verstärkten Anrennens das Siegtor nicht mehr. Die PSV gewann mit 3:1. Die Meisterschaft wird 2016 in Eindhoven gefeiert. Wohl völlig überraschend, denn es war anscheinend nicht einmal etwas vorbereitet. Weder ein Saal für die (eventuelle) Feier am Abend, so berichten niederländische Medien, noch ein Podest seitens der Stadt für den feierlichen Empfang daheim.

Die PSV Eindhoven verteidigt die Meisterschaft von 2015 erfolgreich und holte den 20. Titel seit Einführung der Eredivisie 1956/57. Hier hat allerdings Ajax mit 25 Titeln nach wie vor die Nase vorn.

Nach der competitie ist vor der na-competitie

Für De Graafschap und PEC Zwolle geht es nach der Ligasaison weiter mit der nacompetitie (Nach-Wettbewerb). Das sind zwei Play-Off-Runden. Für Zwolle geht es um den letzten zu vergebenen Startplatz in der Europaleague, für De Graafschap um einen von zwei verbleibenden Plätzen in der Erstklassigkeit.

Der 18. der Tabelle steigt aus der Eredivisie direkt ab, der 16. und 17. spielt mit Teams aus der Jupiler League (die eingleisige zweite Liga in den Niederlanden) um den Klassenerhalt bzw. den Aufstieg. Für die nacompetitie können sich Teams bis zum Tabellenneunten der Jupiler League qualifizieren. Auch sogenannte „Periodemeister“ qualifizieren sich, das sind die besten Teams eines Saisonviertels. Zweite Mannschaften von Eredivisie-Clubs, die für die Jupiler League spielberechtigt sind, dürfen allerdings nicht teilnehmen.

Direkt aufgestiegen ist der Meister der Jupiler League, ein echter Traditionsverein: Sparta Rotterdam, der älteste noch aktive niederländische Fußballverein und dreifacher Landesmeister, zuletzt 1959. Somit könnte neben Feyenoord und Excelsior, falls diese als 16. der Eredivisie in der nacompetitie die Klasse halten, ein dritter Verein aus Rotterdam 2016/17 erstklassig sein.