Rembrandt sagt: mierenneuken
Detailverliebt: Erbsen zählen, Korinthen kacken, mierenneuken – Rembrandt, Selbstbildnis, Wikimedia Commons

Bei aller Liebe zum Detail …

Manchmal sind es ausgerechnet die kleinen Dinge, die uns nerven. Details. Dieser Fisselkram. Die meisten von ihnen können wir beflissentlich außer Acht lassen. Es spielt keine Rolle im Weltgeschehen, hat auf das Endergebnis keinen Einfluss. Diese Strategie funktioniert.  So lange wir alleine sind, häufig auch im Team.

Aber nur, solange nicht einer im Team genau seinen Blick eben auf diese Nebensächlichkeiten gerichtet hat. Ein Detailverliebter. Sie oder er findet vorsorglich schon die kleinsten Fehler, möchte auch die nur ganz eventuell eintretenden Stolperfallen absichern. Tausendprozentig! Weil: ist wichtig! Könnte ja! Aus Prinzip!

Bei Pragmatikern der Fraktion ‚einfach los, wird schon schon schief gehen‘ sind diese Zeitgenossen so beliebt, wie, ja wie Ameisen zum Beispiel. Obwohl die ja nützlich sind, Waldpolizei und so, lädt man sie zum Picknick oder in den Campingurlaub lieber nicht ein. Und besser nicht in ein Team, das für eine Aufgabe endliche Zeit hat, aber Ergebnisse liefern soll.

… gerät schon mal das Ziel aus der Sicht

Im Gegenteil, wir denken uns Namen für sie aus. Unschöne Namen: Erbsenzähler! Korinthenkacker. Derjenige, der an sich schon Unschönes oder Lästiges mit ganz kleinen Gegenständen oder in ganz kleinen Portionen erledigt. Erbsen wurden auf dem Schulfest in großen Gläsern geschätzt, nie gezählt. Und Korinthen sind im Gegensatz zu Rosinen oder Sultaninen getrocknete rote Weintrauben. Im Niederländischen krenten, die in den krentenbollen.  Das mal nur nebenbei.

Ameisen, Mücken, Nägel bei Ebbe

Aber zurück zu den Ameisen: mieren im Niederländischen. Die möchte man weder zählen, noch ausscheiden. Im Niederländischen wird die Erbsenzählerei, wie die mitdenkende Leserin bereits ahnt, mit den kleinen Krabbeltieren gebildet: Mierenneuken. Ameisenficken. Da, wo ich bereit bin, mir die beiden deutschen Äquivalente bildlich vorzustellen, hört es bei dieser Variante aber auf. Wer denkt sich sowas aus? Das frage ich mich bei dieser Gelegenheit und auch, wie nennt man es noch, an Maas und Waal?

Schnell werde ich fündig: muggenziften, haarkloven, spijkers op laag water zoeken.

Muggeziften: Mückensieben. Haarkloven:  sich an Haaren festklammern (?), im Deutschen gibt es das ähnlich: die Haarklauberei.  Spijkers op laag water zoeken: bei Ebbe Nägel suchen. Da scheint mir Geschlechtsverkehr mit säurespeienden Krabbelwesen der kräftigste und bildhafteste Ausdruck.

Auch hört es sich so an: mierenneuken unterstellt keine Sodomie

Aber ist mierenneuken oder die personifizierte Betitelung mierenneuker überhaupt ein Schimpfwort? Denn es beschreibt ja explizit eine sexuelle Handlung. Zudem werden im Niederländischen Wörter mit sexueller Konnotation gerne als Kraftausdrücke verwendet. Doch ist bei mierenneuken oder mierenneuker der Vorwurf der Sodomie, also Sex mit Tieren zu haben, so abstrakt, dass der Adressat lediglich der Engstirnigkeit und nicht der Unzucht bezichtigt wird. So gab es Gerichtsurteile, die eine Verwendung von mierenneuker gegen Polizeibeamte, die Verkehrsregeln sehr eng auslegten, nicht unter Strafe stellten. Allerdings ist das Urteil nicht allgemeingültig, es müsse der Einzelfall betrachtet werden.

Wie deutsch ist Oberbedenkenträgertum?

Bei den typischen Eigenschaften der Menschen in den Niederlanden und in Deutschland, jetzt kommen wir zum Klischee, heißt es , dass Deutsche eher dazu neigen abzuwägen, Details zu Bedenken, Einwände zu formulieren. Oberbedenkenträgertum, oder eben: mierenneuken.

Niederländerinnen und Niederländern gelten eher als pragmatisch. Auch wenn noch nicht alles bis ins letzte Detail durchdacht ist, sind sie eher bereit schon eine Entscheidung zu fällen. Eben nicht so kleinkariert. Vielleicht haben sie deshalb das schönere Wort dafür. Wer in dieser Hinsicht andere Meinung ist: bitte sehr, das sind dann aber jetzt wirklich Details! Ich darf Sie zurecht als, ähem, Erbsenzähler titulieren.