Die Europäische Kulturhauptstadt 2018 Leeuwarden und Friesland im Rückblick – Interview mit Oeds Westerhof

Im Februar 2018 sprach ich im Polderblick-Podcast mit Oeds Westerhof, dem Directeur Legacy der Europäischen Kulturhauptstadt 2018 Leeuwarden und Friesland. LF2018 war gerade 10 Tage alt. Mit dem ReOpening Festival hat Leeuwarden drei Woche lang Abschied genommen vom Kulturhauptstadtjahr. Der Schlüssel wurde bereits am 25. November 2018 an die Nachfolgerstadt Plovdiv überreicht.
Ein Jahr später schaut Oeds Westerhof in diesem Interview mit Blog speciaal zurück, auf ein aufregenden Jahr mit über 2 Millionen Gästen in Leeuwarden und der Provinz Friesland. Die Fragen habe ich schriftlich gestellt und Antworten auf Niederländisch bekommen. Diese sind von mir übersetzt.

Der Rückblick auf Leeuwarden-Friesland 2018, Interview mit Oeds Westerhof
Blog speciaal: Oeds Westerhof, hast Du schon begriffen, dass es vorbei ist?
Oeds Westerhof:
Das ging lustigerweise sehr schnell. Gegen Ende des Jahres reisten täglich Kollegen ab, zuletzt saßen wir nur noch in einem kleinen Team zusammen und schrieben die Abschlussberichte. Erstmals seit sieben Jahren habe ich abends und an den Wochenenden keine Termine mehr. Dann begreift man schnell, dass eine neue Lebensphase angebrochen ist.
Brauchst Du jetzt eher drei Wochen Schlaf oder bist Du direkt bereit für das nächste Projekt?
Bereits vor zwei Jahren hatte ich mich entschieden, einen Monat in die Tropen zu reisen. Es ist Thailand geworden und ich fühle mich jetzt hervorragend ausgeruht.
Im Januar sagtest Du: “Wir möchten den Menschen das Gefühl geben, dass wir hier von unserer Zukunft träumen”. Von welcher Zukunft haben die Besucherinnen und Besucher der Kulturhauptstadt geträumt?
Das Schöne an unserem Projekt war, dass wir sehr unterschiedliche Träume anbieten konnten. Kinder konnten ihren Traum wahrmachen, in einem Zirkus aufzutreten. Menschen, die die Natur lieben, konnten eine Vision wiederhergestellter, intakter Biodiversität erleben. Die Riesen (von Royal de Luxe) haben uns gezeigt, dass wir in unserer Gesellschaft Großereignisse auch in harmonischer Stimmung organisieren können. Gastronomische Startups haben erlebt, wie ihr Traum von einem eigenen Unternehmen wahr wurde.

Gab es Überraschungen? Oder verlief alles nach Plan?
Wenn die Organisation aber einmal im Gange ist, wird das Ergebnis deutlich vielfältiger. … Genau das ist bei uns geschehen und da bin ich sehr stolz drauf.
Was war die größte Überraschung im Verlauf des Jahres?
Von den Programmpunkten fand ich persönlich ‘Finestra Aperta’ die große Überraschung, ebenso hat mich die große Teilnahme von Menschen mit geistiger Behinderung an unseren Veranstaltungen sehr überrascht.
Was hat im Ablauf des Jahres gut funktioniert? Waren die Erwartungen in bestimmten Punkten auch zu hoch?
Bereits 2014 hatten wir den Ansatz des sogenannten Regiemodells für unsere Organisationsform. Das bedeutet, dass jedes Projekt inhaltlich und organisatorisch eigenverantwortlich ist und die zentrale Organisation in den Bereichen Finanzen, Geschäftsführung und Marketing Unterstützung anbietet.
Der Nachteil dieses Modells ist, dass es eine relativ lange Vorbereitungszeit benötigt. Wenn die Organisation aber einmal im Gange ist, wird das Ergebnis deutlich vielfältiger, als es mit einer zentralen Organisation möglich ist. Genau das ist bei uns geschehen und da bin ich sehr stolz drauf.
Was war für Dich persönlich der bewegendste Moment im Kulturhauptstadtjahr?
Der Moment, als wir gemeinsam mit dem König und der Königin zur Eröffnungsveranstaltung auf den Platz (am 27. Januar 2018 auf den Wilhelminaplein in Leeuwarden) gingen und Nynke Laverman zu singen begann, da kamen mir heimlich ein paar Tränen. Im Regen fiel das allerdings nicht auf.

Was bleibt in Friesland von einem Jahr mit großer Kultur?
Kunst und Kultur sind für die Menschen viel bedeutsamer, als wir denken. Mit Kunst und Kultur stärken wir den Zusammenhalt untereinander, auch das gegenseitige Verständnis.
Was bleibt von der Kulturhauptstadt in Leeuwarden und der Provinz Friesland?
An vorderster Stelle bleibt das Vertrauen, dass wir zu Größerem fähig sind, als wir erwartet hatten. Danach natürlich ein gestärktes kultur-touristisches Profil, wundervolle neue Kunstwerke, wie die 11 Brunnen und das ‘Sense of Place’-Kunstwerk ‘Wachten op Hoog Water’ (Warten auf das Wasser). Auch eine verstärkte gesellschaftliches Beteiligung von Menschen, die sozial benachteiligt oder geistig behindert sind. Und nicht zuletzt auch eine Stärkung des Kultursektors durch Festivals und junge Künstler.
Welche der Projekte haben den größten Nachhall?
Als geistiges Bild ist der Effekt der Riesen am größten, bei ‘Under de Tour’ die gesellschaftliche Auswirkung, als bleibende Kunstwerke sind es die 11 Brunnen, in Bezug auf innovative Angebote für das Publikum ist ‘Strangers on Stage’ am wichtigsten.
Welche Botschaft hat Leeuwarden-Friesland 2018 für Europa?
Kunst und Kultur sind für die Menschen viel bedeutsamer, als wir denken. Mit Kunst und Kultur stärken wir den Zusammenhalt untereinander, auch das gegenseitige Verständnis. Insgesamt haben 65.000 zur Verwirklichung von LF2018 beigetragen, das ist ein Zehntel der Bevölkerung in der Provinz. Ich sehe das als ein deutliches Zeichen, dass Menschen sich umeinander und um ihre Umgebung kümmern.
Welchen Stellenwert hat Kultur für Dich im gegenwärtigen europäischen Diskurs?
Der EU-Kommissar Frans Timmermans hat auf der Eröffnung von LF2018 gesagt: “In Friesland beweisen sie, dass es möglich ist, patriotisch zu sein, ohne dem Nationalismus zu verfallen.” Das ist eine wichtige Botschaft. Wir können unsere eigene Sprache, unsere eigene Musik, unseren eigenen Tanz stärker machen, gerade indem wir Menschen von außen einbeziehen.
Macht Kultur Europa aus?
Es ist nicht zu übersehen, dass in allen europäischen Ländern Kräfte wirken, die den Zusammenhalt Europas untergraben. Aber ich bin überzeugt, dass gerade deshalb europäische Zusammenarbeit notwendig ist.
Gibt es eine europäische Kultur oder eher mehrere europäische Kulturen? Kann eine gemeinsame Kultur Europa vereinen oder ist es im Gegenteil eher wichtig, dass alle Regionen ihre eigene Kultur behaupten und pflegen?
Wir haben bedeutende europäische Werte, die einmal als Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit zusammengefasst wurden. Diese Werte ermöglichen es uns, künstlerische und kulturelle Ausdrucksformen in den Vordergrund zu stellen. Es gibt kulturelle Ausdrucksformen, die in ganz Europa erfahren werden können, wie die klassische Musik. Diese Formen können als europäische Kultur angesehen werden. Doch ebenso wichtig für die europäische Kultur ist es, dass wir die spezifische Kultur der Regionen und Länder zum Blühen bringen. Denn Vielfalt ist prägend für Europa.

Siehst Du Europa auf einem guten Weg oder im Begriff auseinanderzudriften?
Es ist nicht zu übersehen, dass in allen europäischen Ländern Kräfte wirken, die den Zusammenhalt Europas untergraben. Ich verstehe, dass viele Menschen im Neoliberalismus den richtigen Weg sehen. Aber ich bin überzeugt, dass gerade deshalb europäische Zusammenarbeit notwendig ist. Allein schon, aus dem Grund, um in diesem Teil der Welt Platz für die Demokratie zu bewahren.
Wie geht es persönlich für Dich nach dem Projekt LF2018 weiter?
Ich mache einfach mit dem Organisieren von großen Projekte weiter, etwas kleiner als LF2018, aber nicht weniger bedeutsam. Ich finde es sehr schön, dass ich nun ebenso wie Du auch jenseits der Grenze aktiv bin: Ich berate die Stadt Hannover in ihrer Bemühung Europäische Kulturhauptstadt zu werden.
Wann wird es die nächste Elfstedentocht geben?
Das einzige, was ich ganz sicher zur Elfstedentocht sagen kann ist, dass ich dort niemals mitlaufen werden.
Vielen Dank, Oeds Westerman, für dieses Interview und alles Gute für die kommenden Projekte.
met belangstelling gelezen, alleen blijft het voor mij een beetje vaag waar Oeds de europese grenzen legt, is dat bij de huidige 28 eu/landen? En als Oeds zegt dat hij begrijpt dat mensen het neoliberalisme als eninge weg zien, dan lijkt het dat hij dat desondanks jammer vindt. Daar was een extra vraag aan hem niet overbodig. Maar wat ik al zei, met belangstelling gelezen.
Bedankt voor de reactie, Jan.
Ik heb de vragen opgestuurd, en Oeds Westerhof heeft deze schriftelijk beantwoord, dus was een verdere vraag niet zo goed mogelijk.
Misschien is de originale tekst in het Nederlands daar duidelijker:
Oeds Westerhof:
„Onmiskenbaar zien we in alle landen van Europa krachten die de samenhang in Europa ondergraven. Ik begrijp dat voor veel mensen het neo-liberalisme is doorgeslagen. Naar mijn overtuiging is juist daarvoor Europese samenwerking nodig. Zodat we in ieder geval in dit deel van de wereld de democratie de ruimte blijven geven.“
Tolle Impressionen! schöner Beitrag!
Danke schön!
Was ist aus der Idee geworden, in Holwerd oder in der Nähe diese riesige Hecke in Form einer liegenden Frau zu pflanzen?
Das war ein Kunstprojekt der Kulturhauptstadt Leeuwarden Friesland in der Reihe ‚Sense of Place‘. Wenn ich es richtig deute, ist die Frau nicht als Hecke entstanden, sondern als große sitzende Statue. Hier erfährst Du mehr: https://www.facebook.com/Dijk-van-een-Wijf-424937391199470/
Was aus dem Plan mit der Heckenfrau geworden ist, konnte ich nicht herausfinden.
Weiß da jemand mehr?