Moderne Kunst in der Designhauptstadt – van Abbemuseum Eindhoven

Anders als die klassische Kunst fragt die Moderne Kunst mich nach einer Haltung.
Sie konfrontiert mich mit dem Hier und Jetzt.
Eindhoven – Design und Moderne Kunst in der Metropole Brabants
Etwas abseits der touristischen Pfade liegt die fünftgrößte Stadt der Niederlande, Eindhoven. 230.000 Einwohner zählt die Metropole der Provinz Noord-Brabant. Denn Eindhoven ist hierzulande vor allem für das ehemalige Philips-Werk und für Fußball bekannt. Die PSV Eindhoven war in den zurückliegenden Jahrzehnten das erfolgreichste Team im niederländischen Vereinsfußball.
Doch Eindhoven hat sich einen internationalen Ruf erarbeitet für Moderne Kunst und Design. Mit der jährlichen Dutch Design Week und der international renommierten Design Academy Eindhoven ist es ein wichtiger kreativer Standort in Europa. Und das van Abbemuseum ist das bedeutendste Museum für Moderne Kunst in den Niederlanden.
So folgte ich diesem Ruf und besuchte Eindhoven, die Stadt und aber vor allem das van Abbemuseum.

van Abbemuseum – große Kunst in modern-futuristischem Gebäude
Das van Abbemuseum liegt an einem kleinen Park am Rande der Innenstadt. Bereits vor dem Gebäude zu stehen und die Treppen hinaufzugehen ist beeindruckend. Ein schlichter, doch sakral wirkender Backsteinbau empfängt mich. Das Gebäude aus den 1930er-Jahren wurde Anfang der 2000er-Jahre um mehrere geschwungenen Anbauten ergänzt, die das traditionalistische Eingangsgebäude um ein futuristisches Ensemble erweiterten. So ergeben sich verschiedenste Perspektiven auf das Gebäude. Doch auch während einer Runde um das Museum ist es in seiner Gesamtheit kaum einzufangen.
Im van Abbemuseum sind mehrere Ausstellungen mit unterschiedlichen Schwerpunkten kombiniert. Zum einen stehen regionale Künstler im Fokus, neben den Ikone der Modernen Kunst, Mondriaan, Picasso, Kandinsky.
Moderne Kunst sortiert und erklärt: The Making of Modern Art – bis 3.1.2021
Ich begann mit einer Reise durch die Moderne, The Making of Modern Art, die noch bis 2021 zu sehen sein wird. Die Ausstellung führt durch atmosphärisch gestaltet Räume mit Werken sakraler Kunst, der Kunst, die von der Nazidiktatur entartet genannt wurde, bis zu modernen Klassikern, wie der Sammlung Peggy Guggenheims. Erfreulich für die interessierten, doch nicht allzu versierten Kunstfreunde, wie mich: vieles wird erklärt und in einen Zusammenhang gesetzt, Strömungen und Konzepte innerhalb der Modernen Kunst erläutert.

Kiezkunst mit Botschaft: Woensel supertoll! – bis 1.4.2020
Beeindruckend fand ich die 25 Meter hohe Installation ‚Woensel supertoll!‘ von Tijs Rooijakkers, die noch bis zum 1.4.2020 zu sehen ist. Der Künstler hat mit dem Rapper Fresku und Bewohnern des Stadtteils Woensel, einem sozialen Brennpunkt von Eindhoven, dieses Werk geschaffen. Es ist ein Strudel aus beschrifteten Holzplanken. Er fragte die Menschen im Stadtteil nach ihrer Motivation und ihren Ambitionen. Diese malte er auf die Planken und ordnete sie zu einem haushohen Werk, das für die inneren Antriebskräfte steht. Supertoll! eben. Durch die Betrachtung von mehreren Etagen ergeben sich unterschiedliche Blickwinkel auf den Holzstrudel.
Wohin des Weges? Kunst und Gesellschaft: ‚The way beyond Art‘, bis 3.1.2021
Bei der Betrachtung Moderne Kunst, anders als bei klassische Kunst, fühle ich mich konfrontiert mit relevanten Themen, die mich beschäftigen und umtreiben. Soziale Fragen, gesellschaftliche Rollen, Umweltfragen.

Und natürlich schwingt bei allem mit: Ist das jetzt Kunst? Und wenn ja, was ist daran Kunst? Was macht es Wert betrachtet zu werden? Muss es eine Relevanz haben oder darf es einfach kunstvoll gestaltet, schön zu betrachten sein? Und welche Brüche in der Harmonie bezwecken und bewirken was? Bedarf Kunst überhaupt eines Zwecks?
Ist das Kunst?
Und wenn ja, warum?
Moderne Kunst ist eher der vorgehaltene Spiegel. Das wird deutlich bei der Ausstellung ‚The Way Beyond Art‘, die noch bis zum 3. Januar 2021 zu sehen ist.
Hier befinde ich mich unvermittelt im Regenwald, sehe eine verletzlichen Erdball baumeln, bin in der arabischen Wüste in einem Beduinenzelt, sehen verzerrte Wachsgesichter durch ein Fernglas und suchen Schutz hinter Sandsäcken. Hier ist Kunst erfahrbar und konfrontativ.
Minutenlang versenken konnte ich mich in die große Wand, die mit klaren, doch abgewandelten Sprüchen wie „Don’t say the F word! – Future“ gesellschaftliche Debatten aufgreift und zuspitzt.
Fazit
Mein Tag im van Abbemuseum war beeindruckend und bot ein facettenreiches Kunsterlebnis. Ein Besuch lohnt sich sowohl für Expertinnen und Experten der Modernen Kunst, als auch für Kunstinteressierte, die sich dem Thema neugierig nähern. In jedem Fall: einige Stunden einplanen.
Das Museum wird beim nächsten Update einige Plätze in meiner Top-10-Liste niederländischer Kunstmuseen steigen.
Moderne Klassik, klassische Moderne: Lissitzky, Malevitch, Mondriaan im van Abbemuseum

Wer im Glashaus sitzt, darf Kaffee trinken – ein Cafè mit Rundumblick
Auch wenn die Innenstadt von Eindhoven nicht durch Giebelhäuser und Grachtenromantik bestechen kann, so hat sie doch einige sehenswerte Architektur. Am Bahnhofsvorplatz, dem 18 Septemberplein, mit dem beeindruckenden Eingangsportal steht eines der Außergewöhnlichsten: ein Glasiglu zum Shoppen und Einkehren mit Namen de Blob (Binary Large Object).
Das Shoppen reizte mich nicht unbedingt, eher der Ausblick in der oberen Etage bei einem Cappuccino. Vom Platz im Café genießt man beinahe einen Rundumblick. Dieser fällt zwar auf die benachbarte Straßenkreuzung, doch auch das Ensemble moderner Gebäude dort hat seinen Reiz. Und Philips thront auch hier oben auf.

Kultur, Event und Gastro in den alten Philipswerken
Etwas außerhalb der Innenstadt ist ein Gebäudekomplex, dass sich in den vergangenen Jahren zum kreativen Hotspot von Eindhovem entwickelte. Hier gibt es Geschäfte, in denen Vielerlei zum Stöbern geboten wird, vom hippen Designer-T-Shirt über Second-Hand-Mode bis zur seltenen Vinyl-Scheibe. Kaufen, doch vor allem sztöbern ist hier das Motto. Veranstaltunghallen für Konzerte, ein Escape-Room und besondere Gastronomie, alle samt mit reichlich mit Industriecharme bietet der Strijp-S.

Das Restaurant, in dem ich einkehrte hieß Het Ketelhuis, Das Kesselhaus. Die Terrasse würde mich bei wärmerem Wetter sicherlich einladen, doch war es auch drinnen ansprechend gestaltet, schlicht doch gemütlich. Mit Betonung auf die Überbleibsel aus der Zeit, als hier noch richtig gekesselt wurde.
Auch hier: über allem thront das Markenzeiche und die alte Werksuhr.
Den Fußballtempel will ich sehen!
Als Fußballbegeisterter, auch wenn meine Sympathien in den Niederlanden eher beim Rivalen AJAX Amsterdam liegen,wollte ich doch auch dem Philips-Stadion einen Besuch abstatten. Es ist ein moderner Tempel nicht weit von der Innenstadt entfernt. Die Arena ist in direkter Nachbarschaft zu in einem besonderen Stadtteil, dem Philipsdorp. Dieses Wohnviertel wurde für Angehörige der Philipswerke errichtet, mit dem Charme der Bergarbeitersiedlungen der 1920er Jahre.

Danke/Feedback
Vielen Dank an das van Abbemuseum für die Erlaubnis, Fotos aus dem Museum für diesen Artikel zu verwenden. Danke auch für die Einladung zum Besuch mit einer Pressekarte.
Wart Ihr bereits im van Abbemuseum oder im alten Philipswerk? Mögt Ihr andere Museen in den Niederlanden? Ich freue mich über Eure Kommentare und Tipps!
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