Vor 75 Jahren befreit – der Bevrijdingsdag in den Niederlanden

In diesem Jahr jährt sich zum 75. Mal die Befreiung der Niederlande von der deutschen Besatzung. Nach der Landung der Alliierten an der Atlantikküste rückten kanadische Truppen im Mai 1945 bis in die Niederlande vor. Am 5. Mai wird der Bevrijdingsdag als Feiertag in den Niederlanden begangen. An diesem Tag im Jahr 1945, drei Tage vor der bedingungslosen Kapitulation, trat die Kapitulation der Wehrmacht für die Gebiete Nordwestdeutschland, den Niederlanden und Dänemark in Kraft.
Am Tag zuvor, dem 4. Mai, wird in jedem Jahr aller niederländische Opfern von Kriegen seit Ausbruch des Zweiten Weltkriegs gedacht, es ist der Nationale Totengedenktag, Nationale Dodenherdenking.
Einstige Feinde feiern zusammen die Befreiung
Es ist ein großes Wunder und ein großer Verdienst der vergangenen Jahre, dass heute Deutsche gemeinsam mit den niederländischen Nachbarn den Befreiungstag feiern können. Denn 1945 wurden nicht nur die Niederlande von einer menschenverachtenden Diktatur befreit, sondern auch Deutschland. Die Politik der Annäherung in einem gemeinschaftlichen Europa und die Anstrengungen um das Aufarbeiten und Gedenken der Untaten, die von Deutschland im Zweiten Weltkrieg ausgingen, haben erreicht, dass einstige Feinde heute in friedlicher Nachbarschaft wohnen können.
Die Last der Geschichte erschwerte verständlicherweise über viele Jahrzehnte das Verhältnis der Niederländer zu den Deutschen. Viele Menschen in der niederländischen Nachkriegsgeneration waren skeptisch allem gegenüber, was aus Deutschland kam und wollten keinerlei Kontakt.

Gebt uns die Fahrräder zurück
Ein gutes Beispiel dafür: Bei deutsch-niederländischen Sportbegegnungen wurde gerne der Spruch “Gebt uns unsere Fahrräder zurück” bemüht. Hintergrund sind die Deutschen Besatzer, die 1945 vor den alliierten Truppen flüchteten. Dafür beschlagnahmten sie die Fahrräder der Niederländer. Auch einer der bekanntesten Niederländer in Deutschland, Rudi Carrell, der 1934 geboren wurde, nahm es als Titel für sein Buch. 1979 erschien die Autobiographie ‘Gib mir mein Fahrrad wieder’.
Dazu mal als Anmerkung: Ich ließ übrigens drei Fahrräder während meines Austauschjahres in Amsterdam. Nicht das dadurch irgendeine Kriegsschuld getilgt wäre. Und der Diebstahl der Fahrräder ist ein eher geringer Aspekt der Kriegsschuld der Deutschen. Aber ich könnte ebenso fordern: “Gebt mir meine Fahrräder zurück!”
Während der vergangenen Jahre entspannte sich das nachbarschaftliche Verhältnis. In den Niederlanden wird beispielsweise auch die eigene Rolle während der Besatzung kritischer hinterfragt. Doch der erste Besuch eines Bundespräsidenten am 5. Mai in den Niederlanden wurde nicht nur positiv gesehen. Joachim Gauck besuchte 2012 die nationale Gedenkfeier in Breda und hielt dort eine Rede. Vielen im Nachbarland ging das zu dieser Zeit zu weit.
Feier zum Bevrijdingsdag, Besinnung zur Dodenherdenking
Inzwischen ist es jedoch weitestgehend akzeptiert, vor allem in den grenznahen Gebieten, die Befreiung vom Nationalsozialismus gemeinsam zu feiern. Zumal der 5. Mai im ganzen Land auch eher fröhlich begangen wird. In allen Provinzhauptstädten werden Befreiungsfestivals gefeiert, mit Livemusik und Bierausschank.
Der 4. Mai hingegen ist der Tag des Besinnung, der Nationale Trauertag. Diesen begehen weitaus mehr Niederländerinnen und Niederländer lieber unter sich.
Zum 75. Jahrestag allerdings ist alles anders, sowohl der Gedenktag, als auch der Befreiungstag finden weitestgehend ohne Publikum statt. Feiern werden online übertragen, eine virtuelle Teilnahme ist möglich, eine persönliche vor Ort hingegen nicht.
Die Geschichte der deutschen Besatzung ist noch nicht auserzählt
Das Thema deutsche Besatzung ist aktuell in den Niederlanden noch gesellschaftlich relevant. Es gab in den vergangenen Jahren sehr viele Filmproduktionen, die in der Zeit der deutschen Besatzung spielten. Das sind etwa ‘Black Book’, ‘Riphagen’ oder ‘Der Bankier des Widerstandes’. Die Geschichten des Zweiten Weltkrieges sind noch nicht alle erzählt.
Die bekannteste Geschichte aus der Zeit bleibt das Tagebuch der Anne Frank. Das Wohnhaus, in dem die Familie über zwei Jahre versteckt war ist heute ein Museum, das Anne-Frank-Haus, mit jährlich über einer Million Besuchern. Ein wichtiger Ort des gemeinsamen Gedenkens.

Der 50. Mai – mein Befreiungstag in Amsterdam
Der 50. Jahrestag der Befreiung fiel genau in mein Studienjahr in Amsterdam. 1995 erlebte ich diesen Tag am Dam, dem großen Platz zwischen Stadtpalast und Nationalmonument. Es war für mich ein bewegender Tag, gefeiert wurde er als der 50. Mai.
An die Parade der historischen Militärfahrzeuge, wie sind im unteren Video von dem Tag zu sehen sind, kann ich mich allerdings kaum erinnern. Vor allem erinnere mich an den Gang von Königin Beatrix von der Nieuwe Kerk zum Nationalmonument. Also einmal quer über den Platz, durch die dichtgedrängte Menschenmenge.
Der Bevrijdingsdag wurde in den Niederlanden zunächst alle fünf Jahre, seit 1990 jährlich gefeiert.
Ich finde es wichtiger, dass dieses Thema nicht außen vor bleibt, auch vor dem Hintergrund des Erstarkens populistischer und rechter Kräfte in beiden Ländern.
Wenn weiter gemeinsam den Opfern des Nationalsozialismus gedacht wird und eine aktive Erinnerungskultur gepflegt wird, wird die gute Nachbarschaft auch weiterhin gedeihen können. In diesem Sinne bemühe mich, dazu beizutragen.
Ich bin über solche Berichte und Gefankengänge überrascht und auch betroffen, sodass mir, auch mit 83 Jahren, die Tränen in die Augen kommen. Bin schon 1948 bei einer Schwester meines Vaters in die Niederlande in Urlaub gewesen. Habe auch Erinnerungen an den Einmarsch der US Sttreitkräfte am 1.5.1945. Es viel zu Wenige zur Rechenschaft gezogen. Der Befehlshaber für die Erschiessung von 14 Personen bei Roermond wurde nie zur Rechenschaft gezogen.
Was haben die Deutschen in den beiden Weltkriegen nur angerichtet. Da ich sehr Geschichtsbewusst bin, konnte ich aber Kaiser Wilhelm dem II. in Doorn nicht aufsuchen.