Zwarte Piet und Sinterklaas
Zwarte Piet und Sinterklaas

Die Ankunft des Sinterklaas und des Zwarte Piet ist ein nationales Event. Doch ist es überhaupt noch zeitgemäß?

„Dag Sinterklaasje, da-ag, da-ag, dag Zwarte Piet!“

So begrüßen Kinder in den Niederlanden den Sinterklaas und den Zwarte Piet. Es ist ein nationales Event, das landesweit live im Fernsehen ausgestrahlt wird: Traditionell reist Sinterklaas, der Heilige Nikolaus, mit seinen Helfern, den Zwarten Pieten, im November mit einem Dampfschiff aus Spanien an. Zwarte Piet ist wohl mit Schwarzer Peter zu übersetzen, er nimmt die Rolle des bei uns bekannten Knecht Ruprecht ein. Unartige Kinder schreibt er in das große Buch und in pädagogisch dunkleren Jahrzehnten hatte er auch seinen Stock dabei. Heutzutage bringt er vor allem am Pakjesavond, dem „Paketeabend“, am 5. Dezember durch den Kamin die Geschenke.

Tradition oder Vorurteil

Der Zwarte Piet wird dabei von weißen Darstellern gespielt. Das Kostüm ist in kolonialfolklore gehalten, häufig trägt er eine Lockenperücke, volle, knallrot geschminkte Lippen und goldene Bimmelohringe. Eine Darstellung also, dem klischeehaften Bild vergangener Jahrhunderte über „Mohren“ entliehen. Ist Sinterklaasjes Helfer also einem rassischtischen Menschenbild entsprungen und die traditionelle Darstellung ebenfalls rassistisch?

Die Darstellung des Zwarte Piet beruht auf einer Kinderbuchzeichnung aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, als dem Sinterklaas erstmals ein dunkelhäutiger Helfer zur Seite gestellt wurde.

Ein UN-Gremium klagt an …

Die Diskussion, ob diese Darstellung auch am Beginn des 21. Jahrhundert noch zeitgemäß ist, wird in den Niederlanden seit Jahren bereits geführt, in diesem Jahr rund um die Ankunft des Dampfschiffes fachte sie erneut auf. Im Jahr 2013 forderte die Arbeitsgruppe Working Group of Experts on People of African Descent beim Hohen Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte (UNHCHR), ein Ende der Darstellung.

Zwarte Pieten auf dem Boot
Zwarte Pieten auf dem Boot – und irgendwo ist auch Sinterklaasje

2016 gibt es eine Vielzahl von Varianten, so traten Ruß-Pieten auf, die vom Gang durch die Kamine dunkel gefärbte Gesichter haben. Auch tauchten bunte Pieten auf. Deren Dampfschiff sei auf dem Weg von Spanien durch einen Regenbogen gefahren, so die offizielle und kindgerechte Erklärung.

Nun ist es immer schwierig, mit Traditionen zu brechen. So standen sich an vielen Orten Anti-Piet-Demonstraten Pro-Traditionalisten-Kundgebungen gegenüber.  Die Polizei sicherte die zentrale Ankunft des Dampschiffes in Maassluis strikt ab (siehe Video am Ende des Beitrages). Nur Familien mit Kindern wurden vorgelassen, Erwachsene streng kontrolliert. In Belgien gab es sogar einen Pieten.Pakt, der vorsieht, dass keine rassistisch geprägten Darstellungen stattfinden, dort durften nur Ruß-Pieten, bunte Pieten oder ganz ungeschminkte Pieten aufziehen.

… und die PVV nimmt es dankend an

Das ist ein gefundenes Fressen für die rechtspopulistische Partei PVV (bekam 2012 landesweit rund 10 % Stimmanteil), deren Vorsitzender Geert Wilders gar die Abschaffung der UN forderte. Natürlich darf ihm neben der genutzten Vorlage, gegen internationale Einrichtungen zu polemisieren auch Rassismus unterstellt werden.

Ja zur Debatte!

Dennoch: die Nation ist gespalten. Ich finde es bedauernswert, wenn Traditionen ganz in Frage gestellt werden, gerade solche, die seit Jahrzehnten Generationen von Kindern in ihren Bann ziehen. Aber selbst wenn das klischeehafte der Darstellung herausgenommen würde, beispielsweise farbige Darsteller in dezenteren Kostümen die Pieten darstellen, wären sie immer die untergebenen Helferlein des weißen Bischofs. Dennoch ist es vor allem ein Schauspiel und als solches darf es auch Vorstellungen aus vergangenen Jahrhundert zeigen. Es kann als Anlass genommen werden, den Kindern zu erklären, dass es nach wie vor Ungerechtigkeit zwischen Schwarz und Weiß gibt. Eine Diskussion um gesellschaftliche Werte und vorhandene Vorurteile ist in jedem Fall wichtig, der Zwarte Piet kann einen Anlass dazu geben.

In Deutschland gab es eine vergleichbare, wenn auch öffentlich weniger wahrgenommene Debatte um die rassistische Darstellung des Sarotti-Mohren, der als Werbeträger 2004 ausgedient hatte.

Fernsehbericht von RTV Rijnmond zur Ankunft des Sinterklaas am 12.11.2016 in Maassluis