Vla im Kühlregal
Wunderbar: Vla an Vla

Erstkontakt unter schwierigen Bedingungen

Ein eher ungeschicktes Timing hat verhindert, dass ich direkt bei meiner ersten Begegnung mit Vanillevla auch zum Fan des herrlichen, hellgelben Puddings wurde.

Aber wieso erzählten mir meine Eltern auch ausgerechnet von einem Bekannten, der an einer ganz bösen Krankheit namens Gelbsucht erkrankte und gaben wenig später auf dem Weg vom Supermarkt zum Zeltplatz in De Koog, wo auch sonst, ein Tetra-Pak mit Vanillevla herum? Einen aufgerissenen Karton, aus dem die dickflüssige, gelbe Paste herausquoll und oben an der Öffnung verschmierte, wenn sie zum nächsten Familienmitglied weitergereicht wurde. Ne, das war alles andere, als appetitlich. Und dann auch noch Gelbsucht!

“Ach komm, probier doch mal! Ist total lecker!”

“Ne, ich mag nicht! Mir ist von der Autofahrt sooo schlecht!”

Natürlich war mir nicht schlecht. Natürlich war ich in einem Alter, in dem man keine süße Schleckerei auslässt. Doch die Geschichte über Gelbsucht und dann den dickflüssigen Pudding direkt aus der Packung trinken, die reihum alle am Mund hatte? Und wie sich alle beim Herumreichen mit dem Handrücken den Mund abwischten! Ne.

Heiße Liebe

Der erste Eindruck jedenfalls war kein guter. Doch mit der Zeit fand ich zur Vernunft und Gefallen an der süßen Speise. Ich weiß nicht mehr, ob es noch im selben Urlaub war oder erst in einem späteren. Vanillevla gehörte ab irgendwann doch dazu. Zu jedem Urlaub, zu jedem Einkauf im Urlaub. Drei Kartons für zu Hause, wenn der Urlaub bald vorbei war.

Das Ritual war, den Vla in eine Tasse zu füllen, Schokostreusel drüber zu streuen und ihn zu löffeln. Wenn das zu langsam ging oder ich ungeduldig war, dann trank ich auch. Der Löffel musste irgendwann trotzdem ran, denn das dickflüssige Zeug klebte immer am Tassenrand und war nicht komplett mit Trinken zu bekommen. Die Tetra-Paks stellten wir zu guter Letzt umgekehrt auf eine Tasse und ließen sie minutenlang auslaufen, damit nichts vom goldenen Schwapp verkam.

Vla gehörte zu allen Urlauben dazu, und zwar in jeder Familienkombination, mit der ich in die Niederlande fuhr, selbst später mit Freunden. Auch war er stets das wichtigste Pflichtmitbringsel, wenn jemand in die Niederlanden reiste.

Was macht ihn denn so besonders? Weshalb ist es überhaupt der magische Wunderpudding? Was unterscheidet ihn vom Pudding, wie er auch im heimischen Supermarkt im Angebot ist oder von Oma selbstgekocht wurde, wenn auch mit Pulver aus der Dr. Oetker-Tüte?

Hm. Also süß ist er auf alle Fälle, hat eine ideale Konsistenz, sämig, aber nicht zu cremig. Aus der Packung kommt er mit einem Blubb. Er hat keine Haut, so wie der selbstgekochte Pudding. Tja, und es ist einfach Vanillevla, und nur Vla ist Vla! Es ist schwierig zu beschreiben.

Wunderbar: Vla an Vla

Wahrscheinlich ist es die etwas flüssigere Konsistenz, der süße Geschmack und die Sämigkeit, die von den Eiern in den Zutaten kommt.
Vanillevla ist im Kühlsortiment im Supermarkt in den Niederlanden die Basic-Sorte. Die Neutralvariante. So wie beim Eis. Das neutrale Speiseeis ist Vanilleeis. Die Vlaabteilung in niederländischen Supermärkten ist oft sehr lang, einige Kühlregalmeter! Dort finden sich die verschiedensten Sorten. Ebenfalls beliebt und auch ein Klassiker ist der Schokoladenvla. Es gibt aber auch Karamell, Erdbeer, Zitrone und dunkle Schokolade. Sogar gemischte Varianten, die heißen dubbelvla. Zum Beispiel Vanille-Schokolade, Schokolade-Banane, Vanille-Erdbeer und vermutlich inzwischen -zig mehr. Das Wunder des dubbelvla ist, dass er in Streifen aus der Packung kommt, so wie bei der Zahnpasta.

Ich habe, als ich figurbewusster wählte, zuletzt häufiger zum blanke vla gegriffen, dem weißen Vla, ein Mischung aus Vanillevla und neutralem Joghurt. Ob es viel gebracht hat für die schlanke Linie mag ich nicht beurteilen.

Für mich ist die feurige Liebe zum Vla irgendwann auch erloschen. Ich glaube, als ich die Stroopwafel entdeckte. Denn beides bei einem Einkauf, das war mit zu gefährlich und vor allem zu viel. Also gab es entweder Stroopwafels oder Vla, denn ich hatte ja bereits vier Rollen Lakritz im Einkaufswagen.

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Der Text stammt aus dem Buch „111 Gründe, die Niederlande zu lieben“, erschienen 2019 im Verlag Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin. Dieser ist der 73. Grund.

111 Gründe, die Niederlande zu lieben

Oliver Hübner
111 GRÜNDE, DIE NIEDERLANDE ZU LIEBEN
Eine Liebeserklärung an das schönste Land der Welt
280 Seiten | Premium-Paperback
mit zwei farbigen Bildteilen
ISBN 978-3-86265-782-7
14,99 EUR (D)

„In seinem Buch hat er 111 Gründe versammelt, die für ihn die Niederlande besonders liebenswert machen. Natürlich geht es dabei auch ums Klischee: wässrige Tomaten und Fußball in Oranje. Doch erfährt der neugierig Lesende auch Wissenswertes über die Eigenheiten des längsten Volkes der Welt, so ganz nebenbei und immer mit einem zwinkernden Auge.“

Das Buch ist in jeder Buchhandlung in Deutschland bestellbar sowie bei den gängigen Online-Shops erhältlich.

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