Polderblick
Polderblick – Woche 11/17

Polderblick schaut über den Deich. Mein Blick auf die Woche im Land der Tulpen und Windmühlen.

Polderblick ist eine regelmäßige Rubrik auf blog-speciaal.de.

Nr. 17, Kalenderwoche 11, week 11 2017, 19.3.2017

… und nun die Nachbetrachtung, dann ist aber auch erstmal Schluss mit Wahl …

Zahl der Woche: 81,4%

Die Wahlbeteiligung der Wahl zur Tweede Kamer lag am vergangenen Mittwoch bei 81,4 %, damit so hoch, wie seit 1986 nicht mehr (85,8%).

Niederländer/in der Woche: Mark Rutte

Ach doch. Auch wenn die regierende VVD einige Stimmen und Parlamentssitze verloren hat, auch wenn GroenLinks mit ihrem jung-sympathischen Spitzenkandidat Jesse Klaver fast aus dem Nichts auf 10 % Stimmanteil hochgeschossen ist, der strahlendste Sieger am Mittwochabend war Premierminister Mark Rutte.

Laut Prognosen lag seine rechtsliberale VVD einige Wochen vor der Wahl kurzzeitig hinter der rechtspopulistischen PVV. Direkt vor der Wahl lagen mehrere Pateien nur wenige Prozentpunkte auseinander, doch konnte Rutte im letzten Moment den entscheidenden Schritt nach vorn tun.

Wahlhilfe aus Ankara

Es war ein glücklicher Umstand, so wie 2002 für Gerhard Schröder das Oderhochwasser zur passenden Zeit eintrat und er sich vor Ort als Retter des politischen Vaterlandes zeigen konnte, kam für Rutte 2017 die Hilfe aus Ankara. Türkische Minister auf Wahlkampfeinsatz in den Niederlanden wurden von Rutte kurzerhand gestoppt und des Landes verwiesen, eine brüske Beleidigung seitens Erdogan, die Niederländer benutzten Nazimethoden, staatsmännisch gekontert. Reicht das zur Wiederwahl? Für Rutte, der als eher sachlicher Beamter gilt, schon. Vor allem, da er die Chance genutzt hat mit protestierenden türkischstämmigen Niederländern hart ins Gericht zu gehen: „Verhaltet Euch normal oder verlasst das Land!“ Das hören vor allem die Sympathisanten von rechtsaußen gern. Ein verhinderter Wilders auf Kosten eines „Wilders light“?

Europa feiert dennoch den Sieg gegen den Populismus, auf die Wahl der Mittel wird nicht so genau geschaut.

Wahlabend im Haus der Niederlande, Uni Münster
Wahlabend im Haus der Niederlande, Uni Münster

Top-Nieuws der Woche: jetzt wird verhandelt

Werden es vier Parteien oder gar fünf? Oder eine Minderheitenregierung mir drei Parteien? Die VVD hat mehrere Optionen, der konservative Block geht gestärkt aus der Wahl hervor, trotz der (relativ) starken PVV, die ganz außen vor steht und niemand mit ihr will. Ein Linker Block mit PvdA, SP und Groen Links kommt auf 50 Sitze, die VVD, die CDA, D66 und die CU auf  Oder doch GroenLinks? Passt das VVD und GroenLinks?

Koalitionsverhandlungen, wer passt zu wem?

Die wahrscheinlichsten Koalitionen bilden die liberalen und die christlichen Parteien:  VVD, CDA, D66 und CU, die gemeinsam auf 74 der nötigen 75 Parlamentssitze kommen. Zwei Optionen hätten die vier für einen fünften Partner: die streng reformistische SGP oder die 50plus. Letztere hätte als Hauptforderung vermutlich die Senkung des Rentenalters auf 65 und würde damit bei mehreren der vier konservativen Parteien anecken.

Ebenfalls möglich ist eine Regierungsbeteiligung von GroenLinks. Der numerische Wahlsieger steht gestärlt im neuen Parlament und könnte damit für Rutte ein attraktiver Partner sein, wenn sich inhaltliche Übereinstimmungen finden. Klaver hat im Wahlkampf indes am entschiedensten für ein progressives Bündnis geworben.

PvdA stürzt ab, PvdD gewinnt

Dass dieses nicht zustande kommen kann, liegt vor allem am bisherigen Regierungspartner der VVD: der PvdA, der Parte der Arbeit, den niederländischen Sozialdemokraten. Sie müssen auf 31 ihrer bisherigen 38 Parlamentssitze verzichten, eine solche Niederlage gab es noch nie in der Geschichte der Tweede Kamer.

Nicht überraschend ist der Zugewinn der Partei der Tiere, PvdD. Lijsttrekker (Spitzenkandidatin) Marianne Thieme hat im Wahlkampf leidenschaftlich für das Thema Klimaschutz und die Abkehr von einem profitorientierten Wirtschaftssystem gekämpft, entschiedener als GroenLinks und die SP, die Socialistische Partei, die einige Überscheidungen mit der deutschen Linkspartei hat.

Neu im Parlament

Neu im Parlament sind zwei sehr gegensätzliche Parteien. Zum einen die durch Immigranten ins Leben gerufene Bewegung DENK, die vor allem gegen Diskrimination auf Grund der Herkunft eintritt, aber nicht unbedingt eine Integration zum Ziel hat. Dann das Forum voor Demokratie, die vor allem mit immigrations- und Europafeindlichen Forderungen punkten konnten.

Die politische Landschaft in den Niederlanden ist sehr zerklüftet, an könnte beinahe sagen fragmentarisch. Dass mehr als 10 Parteien im Parlament sitzen ist zwar keine Ausnahme, dass aber, unter der Annahme, dass die PVV in der Opposition bleiben muss, mindestens fünf Parteien zur Regierungsbildung nötig sind, ist neu.

Es bleibt spannend.

Vorläufiges Endergebnis der Wahl zur Tweede Kamer vom 15.3.2017

VVD – 21,2 % (2012: 26,5 %) –  31 Sitze (2012: 33 Sitze)

PVV – 13,0 % (10,1 %) – 20 (15)

CDA – 12,4 % (8,5 %) – 19 (13)

D66 – 12,2 % (8,0 %) – 19 (12)

GroenLinks – 9,1 % (2,3%) – 14 (4)

PvdA – 5,7 % (24,8 %) – 9 (38)

SP – 9,1 % (9,6 %) –  15 ( 14)

CU – 3,4 % (3,1 %) – 5 (5)

Partij voor de Dieren – 3,2 % (1,9 %) – 5 (2)

50Plus – 3,1 % (1,9 %) – 4 ( 2)

SGP 2,1 % (2,1 %) – 3 (3)

DENK 2,0 % (-) – 3 (-)

FVD 1,8 % (-) – 2 (-)

Es gibt für die Parlamentswahl keine Sperrklausel, sobald sich rechnerisch ein Parlamentssitz ergibt, wird dieser auch an die Partei vergeben.

Quelle: ad.nl