Fahrräder am Deich
Auf der sanften Tour – Radeln am Deich

Wie nur in die Ferne schweifen? – Reisen, aber nachhaltig

Wer das Blog speciaal bereits länger verfolgt, dem wird aufgefallen sein, dass ich auch immer mal das Thema Umwelt und Klima bei meinen Artikeln streife. Tatsächlich lege ich Wert auf einen möglichst schonenden Umgang mit der Natur und den Ressourcen, die unser Erdball uns nicht unerschöpflich zur Verfügung stellt. Wie passen aber Reisen und umweltfreundliches Verhalten zusammen?

Da ich gerne neue Orte entdecke kommt für mich die umweltverträglichste Freizeitbeschäftigung nicht in Frage, nämlich auf dem Sofa bleiben. Auch die Wanderschuhe oder das Fahrrad bringen mich, inzwischen, nicht mehr an alle meine Ziele. Doch versuche ich einen Kompromiss um sowohl die Wahl der Orte, an die ich reisen möchte, als auch den Weg dorthin, so nachhaltig wie möglich zu gestalten. Das bedeutet vor allem, dass ich nach Möglichkeit nicht fliege und auch keine Schiffsreisen unternehme. Segelschiffe und Tretboote sind von dem Ausschluss ausgenommen. Auch erwähle ich mir als Lieblingsreiseland das Nachbarland, das nur gut 100 Kilometer vor meiner Haustür beginnt. Denn das Gute, so wusste es bereits Goethe, liegt oftmals gar nicht so weit entfernt.

Willst du immer weiter schweifen?
Sieh, das Gute liegt so nah.
Lerne nur das Glück ergreifen.
Denn das Glück ist immer da.

Johann Wolfgang von Goethe

Und doch fahre ich häufig mit dem Auto in die Niederlande, anstelle mit der Bahn, selbst für einen Tagesausflug. Ich sage mir dann, ‚andere fliegen mal eben übers Wochenende nach Malle oder für eine Woche ans Rote Meer, da ist es doch vertretbar, 30 Liter Diesel in die Luft zu jagen, um zur Nordsee und zurück zu fahren‘.

Aber ist es das? Und wenn nicht, was kann ich tun?

Fahrradtour
Ganz gemütlich radeln …

Was macht nachhaltiges Reisen aus?

Doch auch auf Kurzreisen ist es möglich, sich umweltfreundlich zu verhalten. Mehr oder weniger jedenfalls. Denn beinahe jede Entscheidung unterwegs hat einen Einfluss auf die Umweltverträglichkeit und die Nachhaltigkeit der Reise. Und sei es auch nur beim Nachbarn am Meer. Zum Gesamtkontext des nachhaltigen Reisens gehört nämlich auch ein bewusstes Verhalten vor Ort.

Häufig wird zudem ein Unterschied gezogen zwischen Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit. So beinhaltet Nachhaltigkeit, dass lokale Firmen von Reisen profitieren und lokale Erzeugnisse genutzt werden. Das ist vor allem bei Reisen in ärmere Länder wichtig, denn so kann die lokale Wirtschaft vom Tourismus profitieren. Das ist deshalb besonders wichtig, da viele Regionen in der Welt vor allem vom Tourismus leben. Eine intakte lokale Wirtschaft schützt auf diese Weise auch die Umwelt. Natürliche Ressourcen bleiben verschont und müssen nicht ausgebeutet werden, wenn ein Tourismus in diese Länder nicht unterbleibt, aber eben bewusst gestaltet wird.

Da Fernreisen allerdings nicht das Thema dieses Blogs sind, beschränke ich mich in meiner Betrachtung eher auf Kurzreisen und Reisen mittlerer Länge, eben die in die Niederlande.

Wege über Land
Auch mal abseitige Wege gehen – Slow Travel

Nachhaltigkeitsfaktor Anreise

Anreise / Verkehrsmittel

Der wesentlichste Faktor ist natürlich die Anreise. Wenn ich nicht ab zu Hause mit dem Fahrrad oder zu Fuß anreise, bleibt die Bahn, das Auto, das Flugzeug und das Schiff. Nehmen wir mal zwei Beispiele für eine Reise nach Amsterdam. Einmal ab Dortmund, hin und zurück rund 500 Kilometer und im Vergleich dazu die Anreise ab Berlin, also rund 1.200 Kilometer. Ich habe mir den CO2-Ausstoß und eine vorgeschlagene Kompensationszahlung des Anbieters myclimate.org angesehen.

Flugzeug:

  • Berlin, 1.200 km – 0,322 t CO2, entsprechen 8 Euro Kompensation
  • Dortmund, 400 km – 0,207 t CO2, entsprechen 5 Euro Kompensation

Auto bei einer Person und einem Verbrauch von 6 l/100 km

  • Berlin, 1.400 km – 0,331 t CO2, entsprechen 8 Euro Kompensation
  • Dortmund, 500 km, 0,118 t CO2, entsprechen 3 Euro Kompensation

Interessant ist hier, dass bei Kurzstrecken das Auto deutlich günstiger ist, als das Flugzeug, bei längeren Strecken schon nicht mehr. Allerdings können im Auto mehrere Personen mitreisen, dann teilt sich die Klimabelastung entsprechend um den Faktor der Anzahl der Mitreisenden.

Interessant ist auch der Vergleich mit einer Kreuzfahrt, bei der innerhalb einer Woche 2000 Kilometer zurückgelegt werden, hier beträgt der CO2-Ausstoß 2 Tonnen pro Person. Also mehr als das Doppelte einer Autofahrt von 2000 Kilometern. Die Flugreise kommt bei einer Kreuzfahrt meist noch oben drauf.

Vegetarisches Gericht
Auch aufs Essen kommt es an: Haute cuisine végétarienne (Hotel Parc Broekhuizen, Leersum)

Andere Berechnungen fand ich auf dem CO2 Rechner von quarks.de:

CO2 Ausstoß verschiedener Verkehrsmittel, Beispiel für 500 Kilometer und 2 Personen

  • Flugzeug: 105,7 kg
  • PKW: 47,6 kg
  • IC/ICE: 17,8 kg
  • Fernbus: 11,6 kg

Allerdings hat dieser Rechner für die doppelte Strecke stur die doppelte Menge ausgespuckt, auch bei Flugreisen. Das ist in dem Fall wohl nicht exakt, da ja der Start bereist einen Großteil der Emission erzeugt. Bei Flugreisen ist neben dem reinen CO2-Ausstoß auch noch zu bedenken, dass andere ausgestoßene Stoffe in der hohen Atmosphäre klimaschädigend sind. Vor allem die Bildung der Kondensstreifen trägt stark zum Treibhauseffekt bei.

Ein weitere Anbieter von CO2-Kompensationen, die meist mit Hilfe der Spenden Regionen aufforsten, ist beispielsweise Atmosfair.

Ich stelle fest: am umweltfreundlichsten ist der Reisebus, die Bahnfahrt belastet das Klima ebenfalls wenig. Ein Flug in die Niederlande hingegen kommt aus Deutschland für mich kaum in Frage.

Da ich häufig mit Auto fahre habe ich aber darüber hinaus einige Möglichkeiten, möglichst umweltfreundlich zu fahren, wenn ich schon fahre. So steigt der CO2-Ausstoß bei hohem Tempo überproportional, analog zum Benzinverbrauch. Wer die Wahl hat, fährt also nicht unbedingt mit dem SUV und 120 km/h ist doch ein gemütliches Reisetempo. Gerne fahre ich auch mal mit Tempo 80 in den Niederlanden auf der Landstraße, das eröffnet eine völlig neue Perspektive auf das Urlaubsland, als strikt nach Navi der schnellsten Strecke zu folgen.

Bei Reisen nach Amsterdam parke ich auch schon mal vor den Toren der Stadt und fahre mit der Straßenbahn ins Zentrum.

Steintum Ostsee
Zeit zum Türmchenbauen

Nachhaltigkeitsfaktor Verhalten vor Ort

Nicht nur die Anreise ins Urlaubsland und die Fahrten vor Ort tragen zum ökologischen Fußabdruck des Urlaubs bei. Auch das ganz alltägliche Verhalten hat einen Einfluss auf die Umwelt. Natürlich kann ich am Urlaubsort das Auto mal stehen lassen und wandern, spazieren, mit dem Fahrrad fahren oder mal ganz faul am Strand liegen.

Doch kann ich als Urlauber noch einiges mehr tun, wenn ich mich umweltfreundlich verhalten möchte. Das übliche: schalte ich unbedingt die Klimaanlage ein, wenn das Ferienhaus oder das Hotelzimmer eine haben? Oder auch die Heizung? Wie lange bade, dusche ich?

Ein sehr großer Umweltfaktor und damit eine Möglichkeit seinen Fußabdruck so gering wie möglich zu halten, sind Nahrungsmittel. Der Unterschied zwischen einer fleischlastigen Ernährung mit einem hohen Anteil an Tiefkühlkost und einer Ernährung aus frischen, vegetarischen und veganen Produkten ist gewaltig. Zwischen 2,87 Tonnen CO2 pro Jahr (Fleisch), 1,36 Tonnen CO2 pro Jahr (vegetarisch) und 1,1 Tonne CO2 pro Jahr bei veganer Kost. Das macht einen Fernflug oder fünf Tage Kreuzfahrt schon wett!

Dabei geht es gar nicht darum, sich nicht auch mal etwas zu gönnen oder grundsätzlich Verzicht zu üben. Aber gerade im Urlaub ist es doch mal eine gute Idee, das vegane Gericht zu probieren, wenn ein Restaurant sich erstens die Mühe macht, eins im Angebot zu haben und es zweitens auch kennzeichnet. Ich freue mich dann immer sehr, denn oftmals ist es selbst in den Niederlanden noch schwierig, eine ansprechende vegetarische oder vegane Auswahl in Restaurants zu finden. Es wird aber von Jahr zu Jahr besser!

Auch für die Ernährung gibt es CO2-Rechner, beispielsweise vom Bayerischen Landesamt für Umwelt und auf der Internetseite klimatarier.com.

Und hey, kein Müll am Strand!

Eine Sache, die ich eigentlich selbstverständlich finde, die es aber offenbar für viele Urlauber nicht ist: Abfall gehört nicht an den Strand und auch nicht in die Landschaft. Ich finde es immer wieder seltsam, wie viele Zigarettenkippen ich beispielsweise auf dem Strand finde! An vielen Stränden in den Niederlanden gibt es Sammelbeutel für Abfall, der auf dem Strand liegt und die Aufforderung, bei jedem Strandgang drei Stücke Plastik oder Müll einzusammeln. Da bin ich doch immer dabei!

Und im Urlaub ist auch Zeit für Gemütlichkeit: da muss es vielleicht nicht der Kaffee im Pappbecher für unterwegs sein.

Füße am Ostseestrand
Füße in den Sand entspannt

Nachhaltigkeitsfaktor Bio-Zertifikat

Auch bei der Wahl der Herberge gibt es Unterschiede, einerseits natürlich, was den Standard angeht, da ist der Campingplatz sicherlich nachhaltiger, als ein Luxushotel. Aber auch innerhalb einer Kategorie kann man im Urlaub eine umweltfreundliche Wahl treffen. Beispielsweise zertifizierte Bio-Hotels, die aber offenbar in den Niederlanden noch nicht so verbreitet sind.

Doch über die Plattform bookdifferent.com sind auch einige Übernachtungsmöglichkeiten im Land der Polder und Windmühlen zu finden.

Slow Travel

Wer hätte das gedacht, auch die Reisegeschwindigkeit spielt eine Rolle hinsichtlich der Nachhaltigkeit! Analog zum Slow Food, also dem Gegenteil des Fast Food, gibt es die Slow-Travel-Bewegung. Ihr Ziel ist es nicht, auf der Autobahn mit 80 km/h zu fahren, sondern das Reisen bewusst zu erleben, einen gemächlicheren Rhythmus des Erlebens. Nicht sieben Hauptstädte in drei Tagen, sondern zwei schöne Nebengassen an einem Nachmittag. Ich übertreibe, dennoch ist das Prinzip deutlich, oder? Einfach Zeit zum Schlendern, wenn ein kleines gemütliches Café einladend lacht, dann nehme ich die Einladung an.

Im Sinne des Slow Travel, kann ich auch einfach mal die eigene Region erkunden. Wollte ich nicht immer schon mal die schöne Stadt um die Ecke besuchen? In welcher Region in meinem Bundesland war ich bisher noch kaum? Gibt es auch dort etwas zu erkunden? Weshalb nicht mal eine Woche am Stausee im Sauerland zelten?

Eine Bloggerin, die Slow Travelling zu ihrem Thema gemacht hat, ist Janna Kamphof, die ich in einem Podcast-Interview auch zu diesem Thema befragen konnte. Für mich eine sehr inspirierende Begegnung.

Fazit: Reisen soll schon sein, aber so nachhaltig wie möglich

Ich gebe zu , es ist ein schwieriges Thema. Reisen soll schon sein, irgendwie. Und in der schönsten Zeit des Jahres möchte man sich auch etwas gönnen, möchte man sich nicht zurückhalten und ein schlechtes Gewissen haben, dass man die Umwelt belastet. Doch ist letztendlich beides vereinbar, Reisen und die Umwelt schonen. Und vielleicht ist es nicht immer ein Verzicht, die Fernreise in einem Jahr mal gegen die Reise in die eigene Region oder halt das Nachbarland zu tauschen. Statt dem Wochenende auf Malle, das Wochenende in Noordwijk zu verbringen. Oder durch ein Naturschutzgebiet zu radeln. Anstelle der vierten Kreuzfahrt einmal die Radreise an einem Flussradweg ausprobieren.

Ich hoffe, dass ich auf diesem Blog dafür Inspiration liefern kann und Argumente, das schönste Nachbarland der Welt zu entdecken.